Visionen aus der Vergangenheit

Montag, 19. Oktober 2009

Teil 3

Seitdem ich hier die Vergangenheit aufleben lasse, bin ich erstaunt, wie naiv ich war. In der Art und Weise, wie ich die Dinge betrachtete und wie einfach mein Schreibstil war! Erschreckend!

S0.19.01.1997, - 23:30 Uhr

In Radio Wien singt soeben Umberto Tozzi in brünstig sein „Ti Amo“. Ein Hit aus meiner Schulzeit. Apropos. Seit meiner letzten Eintragung ist einiges passiert. Einiges, ist eigentlich milde ausgedrückt. Gravierendes möchte man meinen. Seit 17.11.1996 versuche ich mich v. R. scheiden zu lassen. Aber leider, kapiert er das anscheinend nicht ganz. Naja, Do.23.01.1997 haben wir einen Termin am Gericht. Man wird sehen. Mein hoch angepriesener Gesprächspartner vom Klassentreffen hat sich als echter wahrer Freund (und davon bin ich zu 150 % überzeugt) herausgestellt. Denn seit den 75 Tagen (ab 16.11.1996) hat er mir mehr, glaub´ ich mehr geholfen, als jeder Andere, den ich bisher gekannt habe. In jeder Hinsicht. Einmal gibt er mir irrsinnig ein Gefühl von Sicherheit, und das brauch´ ich jetzt am meisten. Obwohl ich mein eigenes „Ich“ selbst aufbauen und erkämpfen muss. Darum gibt er meistens auch keine gutgemeinten Ratschläge, sondern unterstützt meine eigene Persönlichkeit. Und das obwohl, er ein sehr starkes Ego hat. Er weiß eigentlich immer genau, was er will. Eigentlich, deshalb, weil er bezüglich unserer Beziehung nicht genau weiß, wie viel er sich in längerer Zukunft vorstellt. Das hat aber wiederum den Vorteil, dass man sich nicht zu sehr an der Zukunft orientiert, sondern, das Jetzt genießt. Dazu ein kluger Spruch:
Lebe jeden Tag, als wäre es dein Letzter!
Das ist aber leider nicht immer so einfach, wie man sich das vorstellt. Es werden einem hunderte von kleinen und großen Hürden in den Weg gestellt. Entweder springt man drüber, weicht aus, rennt sie nieder oder nimmt einen anderen Weg. Wie auch immer, man muss weiter. Mein innerstes „Ich“ muss das einzige Richtige sein.
Ich will Leben.
Ich will gut leben.
Ich will besser leben.
Ich will das Beste für mein Leben.
Also will ich in Zukunft versuchen, so wie ich es eigentlich immer schon wollte, nur das zu tun was mir gut tut. Rücksicht ist eine vernünftige Tugend der Menschheit; hört aber schon dort auf, wo man nur den geringsten Zweifel hat, dass es einem selbst nicht so gut damit geht. Also immer zuerst Ich, dann die Anderen. Das klingt brutal, aber es ist das Beste. Nun gut, jetzt ist es für mich das Beste ins Bett zu gehen und zu schlafen. Möchte aber vorher noch festhalten, dass ich meinem Kavalier wahnsinnig lieb´ habe und sehr schätze. Ich glaube, dass mein Lebensabschnitt noch viel Positives und viele glückliche Stunden für mich bereit hat. Ich glaube fest daran. S. und ich schaffen das. Und wenn R dabei auch noch eine größere Rolle spielt, dann ist das noch besser. Jeder geht seinen eigenen Weg, aber gemeinsam! Ich fühle ganz intensiv, dass es da ist. Das Gefühl vom wahren Leben. Von meinem neuen Leben. Also Kopf hoch. Ich bin die Nummer 1. Ab ins Bett und wilde, süße, oder sonst wohltuende Träume. Gute Nacht!

Mo, 17.02.1997

Endlich geschieden. Seit Do.23.01.1997 ist es so weit. R. macht zwar noch immer die Urtroubles. Aber was soll´s, er versaut sich nur sein eigenes Leben und die Beziehung zu S. Dauernd beobachtet, verfolgt und belästigt uns. Nächtelang steht er vor der Tür und beobachtet wer wann wie oft zu uns kommt. Klopft bei der Tür, läutet an, ruft an usw. Verfolgungsterror. Aber irgendwann ist Schluss damit. Ich versuche sowieso nur mehr mein Leben zu leben. Es ist zwar nicht so einfach, wie ich es mir vorgestellt habe, aber es hat angefangen. Eines weiß ich ganz sicher. R. gehört zu meinem Leben. Manchmal glaube ich, dass ich keine Sekunde ohne ihn mehr aushalten werde. So groß ist die Sehnsucht nach seiner Nähe. Seine Persönlichkeit ist so eine wohltuende Bereicherung im Alltag. Nicht das ich ihm ganz unkritisch gegenüber stehe, aber die Gefühle passen ganz einfach. Das wichtigste bei unserer Beziehung ist die Ehrlichkeit und Offenheit, mit der wir versuchen uns wirklich kennen und vertrauen zu lernen. Vergangenes Wochenende war er das erste Mal bei mir in der Wohnung. Obwohl er bis jetzt immer sehr gezögert hat. Warum gerade jetzt, weiß ich auch nicht ganz genau. Vielleicht handelt er auch aus spontanen Gefühlen, den richtigen Zeitpunkt für gewisse Dinge zu finden. Manchmal bin ich von meinem Glück und meiner Zufriedenheit, das wir zusammen sind, so überdreht. Meistens beim Sex bin ich so überrollt von schönen Gefühlen, dass es bis jetzt fast noch nie passiert ist, dass ich komme. Wir machen schon Witze drüber. Aber er sagt immer, üben üben üben. Ob das wirklich der richtige Weg ist, weiß ich nicht. Es liegt wahrscheinlich daran, dass ich bis jetzt eigentlich wenige Augenblicke in meinem Leben gehabt habe, wo ich mich wirklich fallen gelassen habe. So richtig im Schwebezustand. Auf Wolke 7 sozusagen. Ich bin wahrscheinlich noch immer zu verkrampft und denke zu viel über manche Dinge nach, anstatt sie einfach zu tun oder sie einfach geschehen zu lassen. Obwohl ich mir nichts mehr als Das wünsche. Ganz einfach spontan und frei tun und lassen wonach mir gerade ist. Aber mit der Zeit werde ich das schon lernen. Ich brauche eigentlich nur auf mein Innerstes zu horchen. Früher war es immer meine Aufgabe mit schlechten Situationen fertig zu werden. Ich habe immer geglaubt, irrsinnig positiv und selbstbewusst zu leben. Aber, dass war teilweise eine riesige Lüge mir gegenüber. Jetzt wo ich wirklich alleine für mich entscheiden muss, sehe ich erst wie unerfahren und hilflos ich manchmal da stehe. Man muss ganz einfach zu seinen Tate und Gefühlen stehen, dann ist man stark. Auf alle Fälle, bin ich überwältigt von dem, was R. für mich tut. Am Freitag ist er, obwohl er schon mit einem Fuß im Bett lag, völlig erledigt und ohne lange zu fragen, ins Falk gekommen. Anschließend ist er dann ganz einfach zu mir gekommen. Bis 4 Uhr früh hat es ausgehalten. Und am Samstag war er dann schon wieder um 09:15 Uhr bei mir. Wir trafen uns im DZ. mittags hat er dann bei mir gegessen. S. hat geschlafen. Wir auch, teilweise. S. ist dann zu M. gegangen. Und es kam, wie es kommen musste, wenn wir alleine sind. Die Leidenschaft packt uns. Die Kleider werden vom Leib gerissen usw. Auf alle Fälle ist es jedesmal urgeil, und ich bin total fertig, voll Hitze, Kribbeln und Gier nach mehr. Aber das ICH KOMME GLEICH (steht übrigends auf einen Feuerzeug, dass er mir geschenkt – im Bezug auf eben das – hat) ist leider noch selten dagewesen. Ich fühle es ganz stark, ich will es, er will es. Aber ich glaub´, ich darf nicht immer daran denken, sondern es einfach kommen lassen. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich meinen Körper von der Figur ganz einfach nicht mag. Und mich deshalb auch manchmal schäme. Meine Wampe, mein Hintern alles schwabbelig. Ich hasse es. Ich versuche seit Jahren dagegen etwas zu tun. Aber wahrscheinlich zu wenig. Ich schaff es. Da gibt´s ein Plakat mit einer Frau drauf von hinten in einem ganz engen Kleid. Echt geil. So einen Arsch möchte ich auch. Zumindest proportional zu meinem restlichen Body, soll es passen. Das ganze Sexuelle kann natürlich auch mit den ganzen vorhergehenden Jahren zusammenhängen. Ich hatte da nie beim Verkehr einen Orgasmus; Schlimm; Alte du schaffst es. Einmal und dann immer wieder, bis zum Exzess. Voriges Wochenende waren wir von Freitag 14 Uhr bis Sonntag 20 Uhr zusammen. Wahnsinn, echt schön. Wir hatten beim Reiterball in der Steiermark, Bardienst. Hat echt Spaß gemacht. Am Sonntag, bei der Heimfahrt im Pendler überkam uns wieder einmal das unwiderstehliche Gefühl uns ganz einfach zu berühren. Zu streicheln, zärtlich zu sein, küssen – Leidenschaft – Geilheit – einfach ein Drang im ganzen Körper nach dem Anderen. Das ist auch etwas Neues für mich; ich hatte die Regel. Für ihn kein Problem. Ich muss erst damit umgehen lernen. Das sind noch immer diese kleinen Teufel mit erhobenen Zeigefinger, die in deinem Schädel sagen:“Das tut man nicht!“ Alles kann man tun, wenn es einem nur gut tut und den Anderen auch. Jetzt wäre wieder einmal der Zeitpunkt da, wo ich mich an ihn kuscheln möchte. Aber so geht´s mir fast dauernd. Manchmal glaube ich bin hoffnungslos in ihn verliebt. Ja, ich liebe ihn. Es kann nicht anders sein. Am Samstag waren wir dann ab 23 Uhr im Jedermann. Dann bei ihm zu Hause. Er hat mir dann auf seinen Gitarren einiges vorgespielt. Es ist wie ein Traum. So perfekt und voll Gefühle. Man kann es kaum in Worte fassen. Am Sonntag um 11 Uhr bin ich dann aufgewacht und das Frühstück war schon fertig. Perfekt mit Müsli, Käse, Eier, Wurst, Orangensaft, Kaffee und viel Liebe zubereite. Was soll ich sagen, ich bin baff. Es ist einfach schön. Das klingt alles schon fast kitschig, wie in einem billigen Roman, aber so ist er. Die Stunden, wo wir uns sehen, sind immer ungewiss und sehr wenig vorher geplant. Manchmal ist das gut. Manchmal ist es für mich unerträglich. Wieder ein neues Kapitel zu lernen. Meine Schulden sollte ich irgendwann bei ihm begleichen. Einen Striptease, einen Ganzkörperkuss, Teppich, einen heißen Stuhl in seinem Büro. Bevor ich vor lauter Sehnsucht davon rinne mache ich lieber Schluss und widme mich meinen Alltags(nacht)tätigkeiten und schmeiß mich ins Bett. Gute Nacht! Kuss; Schlafe gut denk an mich. Ich liebe Dich R. (22:20 Uhr)

Sonntag, 18. Oktober 2009

Teil 2

10.11.1996

Es ist 06:45 früh, Sonntag. Im CD-Player lieg Eric Clapton. Habe mir einen Kaffee gekocht. Die wievielte Zigarette ich seit gestern schon rauche, kann ich beim besten Willen nicht sagen. Auf alle Fälle, waren es wieder schon zu viele. Gestern Abend um ca. 18:30 begann wieder einmal ein bewegendes Erlebnis, das meine Theorie über meinen Weg und Sinn des Lebens, sehr entscheidend beeinflussen wird. Ich führte wirklich ausführlichste Gespräche über das Leben. Es waren dort: (Namen nur der Autorin bekannt) Von Anfang an war alles sehr locker und ausgesprochen kommunikativ. Fotos von den jeweiligen Kindern wurden herumgereicht. Alltagsprobleme ausgetauscht. Auch unsere Lehrerin erzählte sehr viel von ihrer Familie und ihren Schulalltag. Schon vor Tagen hatte ich mir den Kopf zerbrochen, was ich mit den ehemaligen Klassenkameraden so reden werde. Sicher konnte man nur abwarten, wie sich alles entwickelt, aber ob man wirklich sagt, wie man sich derzeit fühlt, oder ob man das banale „Ja, danke gut“ antwortet. Das Ergebnis war so, dass ich meinen ganzen Frust der letzten Zeit offen gelegt habe. Und zwar mit allen drum und dran. Wie der Zufall, oder mein innerer Instinkt, so kam, hatte ich den richtigen Ansprechpartner (zumindest für diese eine lange Nacht) gefunden. Es ging irrsinnig leicht alles zu erzählen. R. ist seit zwei Jahren mehr oder weniger glücklich geschieden. Nach zehn Jahren sehr guter (seine Aussage) Ehe wollte seine Frau ein Ende setzen, indem sie in vor die Tatsache stellte, sich zu verwirklichen zu wollen. Es war sehr schlimm für ihn, weil er immer davon träumte, die Familie für ein ganzes Leben zu haben. Seine fast 5 jährige Tochter kann er sehen, wann er will. Mit seiner Frau hat er auch ein relativ friedliches Auskommen. Seit zwei Jahren, die er jetzt geschieden ist, traut er sich nicht eine festere Bindung einzugehen. Er hat Angst, dass er wieder so enttäuscht wird. Man erwartet manchmal viel zu viel vom Leben. Der eine will allein sein, der andere nicht, und niemand kommt an sein Ziel. Manche rennen ihr ganzes Leben irgendetwas nach, dass sie nie erreichen können. Obwohl man ein Ziel braucht (oder?!), sollte es nicht zu weit oder zu hoch gesteckt sein. Meiner Meinung sollte man immer in sein Innerstes horchen, und sofort befolgen. Nur ob sich das mit dem Rest rationalen Handelns und Denken vereinbaren lässt, ist die große Frage. Auf alle Fälle waren diese Gespräche heute Nacht eine große Bewusstseinserweiterung. Deshalb, weil ich gemerkt habe, wie ein Mann, den man eigentlich kaum kennt, so einfühlsam mit einem reden kann. Es war sicher nicht aus Höflichkeit. Denn es gehört schon sehr viel Geduld dazu meine Sorgen von vorn bis hinten an zuhören und dann noch intensiv, darauf einzugehen. Es war ein Teil von dem, was ich eigentlich in letzter Zeit am meisten vermisst habe. Es ist vorerst einmal sehr beruhigend für mich, dass es auch etwas anderes als aneinander vorbei reden gibt. Oder bei jeden Wort vorher, überlegen zu müssen, wie und was sage ich als nächstes. Vielleicht waren die Gespräche auch so aufschlussreich und offen, weil man in der Annahme war, sich sowieso längere Zeit nicht mehr zu treffen. Und trotzdem habe ich das Gefühl, dass mehr dahinter steckt. Ausgeprägte Hilfsbereitschaft einem Anderen aus der Patsche zu helfen. Eine Nächstenliebe, die weit über die geht, die man sonst so zu spüren bekommt. Oder eine kleine Zuneigung. Vielleicht, aber auch ein Hilferuf des Anderen um ausführliche und offene Gespräche zu führen. Fragen über Fragen. Was an dem Ganzen, noch so hervorragend ist. R. kennt den Willy! Echt leiwand. Er hat mit ihm geschäftlich zu tun. R. entwirft Plattencovers für OBK! Echt Spitze. Vielleicht, kann ich ihn doch noch einmal persönlich kennen lernen. Wieder einmal ein Griff, nach dem Sternenhimmel. Wer weiß? Einer meiner Träume würde in Erfüllung gehen. Es ist bereits acht Uhr Morgens. R. ist inzwischen aufgewacht. Überraschenderweise, hat er relativ ruhig über mein zeitiges Heimkommen reagiert. Doch wer weiß, wie´s noch kommt. Ich glaube schön langsam geht mir die Energie aus, um noch klare zusammenhängende Sätze zu formen. Drum werde ich jetzt ein Resümee über diese Nacht schreiben. Es war ein wunderbares Erlebnis mit etwas Knistern (von meiner Seite). Eine gewisse Hoffnung, das hier eine neue intensive Freundschaft geboren wurde. Es wäre wunderbar und es würde mir helfen. Was noch obendrauf dazu kommt, R. hat viele Platten zu verkaufen. Drum (oder?) hat er mir seine Nummer gegeben. Man wird sehen, was kommt. Ich darf nicht wieder mein ganzes Herz in diese Sache verwenden, in den letzten Jahren. Sonst ist die Enttäuschung wieder groß, und ich kann wieder von vorne beginnen. Um zwei Uhr mussten wir das Lokal räumen. Wir wanderten zum nächsten, ein paar Häuser weiter. Letztendlich blieben meine Schwägerin, R. und ich über. Um vier Uhr wurde das Kaffeehaus geschlossen. Wir gingen raus Da kein öffentliches Verkehrsmittel mehr zur Verfügung stand, blieb uns nichts anderes übrig, in den Keller des Lokals zu gehen. Um 5 Uhr war dann endgültig Schluss. Zitat OBK – „Ois, hot sei End. Mag es ein One-Night-Stand im verbalen Sinn gewesen sein, war es wieder einmal, einer der wenigen erfreulichen Erlebnisse, von denen ich zehren kann. Traurig aber wahr. Ich sollte, viel öfter solche Erlebnisse haben, um meinen Horizont des Lebens noch weiter ausbauen zu können. Leider trifft man die Gesprächspartner dafür nicht alle Tage. Aber vielleicht doch mal wieder. Jetzt wird es aber wirklich Zeit – meine Augen fallen schon zu. Eine letzte Zigarette noch. Dann ab ins Bett, mit der Hoffnung auf schöne Träume.

Dienstag, 13. Oktober 2009

Teil 1

Sa, 18.05.1996

Es ist 22.30 Uhr. Im Fernsehen singt soeben die irländische Teilnehmerin vom diesjährigen Songcontest. S., mein Bub liegt schon im Bett. Links neben mir liegt R., mein Mann. Rechts neben mir steht eine Dose Chips. Ich knabbere daran herum. An den lieben R. habe ich in letzter Zeit besonders viel zu kiefeln. Darum habe ich mich auch entschlossen alles was mich so beschäftigt auf zuschreiben. Vielleicht verkrafte ich dann den ganzen Alltag und überhaupt mein gesamtes Leben. Meistens suche ich meinen seelischen Ausgleich in der Musik. Da spiel´ ich dann kreuz und quer durch alle Musikrichtungen alles. Je nach Laune. In letzter Zeit ist es immer öfter der Willy Resetarits vulgo „Ostbahn-Kurti“. Warum das so ist, habe ich das erste Mal versucht am 30.04.1996 zu erkunden. Da war ich Nachmittag in Floridsdorf bei der Kirchenbeitragsstelle wegen der Kirchensteuer. Anschließend setzte ich mich ins „Cafe zum 1.Stock“. Dort habe ich nachstehendes aufgeschrieben:

30.04.1996, 14 Uhr

Verteilt auf jeden zweiten Tisch sitzen die Leute im Lokal. Einzeln, zu zweit oder vor mir rechts in der Ecke eine kleine Runde älterer Damen. Aus dem Geplapper entnehme ich, dass dies hier nicht ihr erstes Treffen ist. Zwei Tische weiter sitzt ein junger Bub mit Baseballmütze und löffelt seine Suppe. Ich denke mir, dass er zu Hause momentan niemand hat, der ihn verköstigt. Inzwischen ist er fertig und hat bezahlt. Die Seniorenrunde hat sich bereits auf fünf Damen erhöht. Nebenan sitzen drei junge Mädchen und studieren in ihren Schulsachen. Wahrscheinlich haben sie noch einige Prüfungen bis zum Schulschluss. Neun Wochen trennen die Schüler noch zu den Ferien. Schräg gegenüber klingelt ein Handy. Es sitzen zwei Herren am Tisch. Machen wohl einen Trinkpause; geschäftlich natürlich. Hier waren früher Kellnerinnen beschäftigt. Derzeit kurvt aber ein Herr durchs Lokal. Was mache ich hier? Außer Kaffee trinken und rauchen. Ich warte. Ich warte. In mir ist so eine komische Unruhe. Momentan habe ich das biedere Alltagsleben satt. Ich will raus aus den vielgerühmten vier Wänden in Wohnung und Firma. Am liebsten würde ich wie ein Zigeuner durch die Stadt ziehen, und die ganzen neuen Eindrücke von Menschen und Umgebung in mir aufsaugen. Vielleicht drehen sich meine Gedanken in letzter Zeit sooft um den „Ostbahn-Kurti“ vulgo Willi Resetarits. Aus seinem Wesen und Liedertexten vermittelt er mir irgendwie genau das, was ich momentan so fühle. Gefühle wie ein Teenager, auf der Suche nach Neuem und Abenteuer. Action, würden die Kids von heute sagen. Ich male mir dauernd aus, ihn einmal zu treffen. Irgendwo. Heute Abend wird seine hundertste „ Trost und Rat“ – Sendung aus dem Radio, im Fernsehen ausgestrahlt. Ein Pflichttermin. Natürlich nehme ich das ganze auf Video auf. Wahrscheinlich werde ich mir das Ganze dann hundertmal ansehen und dahin schmelzen. Wie die Teenies bei „Take That“ oder der „Kelly Family“. Einen Plan, ihn zu treffen, habe ich mir auch schon zu Recht gelegt. Ich werde eine Kassette mit Musik und Schmäh in seinem Stil aufnehmen. Dann schicke ich sie ihm. Vielleicht lädt er mich dann ein. Träume! Die Seniorenrunde hat sich verdoppelt. Sie schlürfen ihren Wein und Kaffee und unterhalten sich köstlich. Aus den Lautsprecherboxen klingt die Musik von Radio Wien, wo „er“ immer am Samstag moderiert. Ich sollte nach Hause fahren. Das ist es, ich soll…ich muss…Alles Zwang, auferlegte Zwänge, Verpflichtungen. Momentan fühle ich mich ein bisschen bedrängt von zwei jungen Herren, die gleich am nächsten Tisch sitzen. Der eine komplett in Jeans, längere Haare. Ich habe das Gefühl, der hat ein bisschen zu viel getrunken. Er belehrt gerade einen fremdländischen Mann mit kurzen dunklen Haaren. Recht sauber gekleidet. Er erzählt ihm gerade über die Beziehungen der Ausländer zu Österreichern. Sein bestelltes Bier hat der „Jeansmann“ auch schon bekommen. Außerdem hat er mich gerade um meine letzte Zigarette angeschnorrt. Er klärt ihn, glaube ich gerade, über seine Ansicht über Frauen auf. Der Ausländer ist ein Moslem. Inzwischen hab´ ich mir noch ein Mineral bestellt. Dann geh´ ich. Wahrscheinlich. Mein Sohn wartet. Die Seniorenrunde ist übersiedelt; die Runde hat sich auf elf erhöht. Der kleine Tisch war schon zu eng. Die Ladys bringen den Kellner ganz schön auf Trab. Jetzt hat er ihnen noch einen Tisch dazugestellt. Der Mann in Jeans ist dreißig und hat anscheinend große Probleme mit seiner Familie, die wie er sagt, wohlhabend ist. Der Ausländer hört sich sein Leid sehr geduldig an. Die Torten und Kuchen werden bei der Seniorenrunde aufgetischt. Radio Wien – es ist schon Drei. Gleich!
Frauen, Geld und Alkohol sind das Hauptthema meines Tischnachbarn. Riesenprobleme. Schicksal. Der Ausländer ist ein Taxler. Wahrscheinlich hat der Jeansmann, jemanden zum Ausquatschen gebraucht. Jetzt hat ihn ein menschliches Bedürfnis kurz vom Tisch gelockt. Schon wieder da. Ich glaub´, ich werde jetzt zahlen. Vielleicht rufe ich meinen Sohn an, dass er mich vom Bus abholt. Morgen ist Feiertag, ich muss noch einkaufen. Schon wieder Zwang. Diese Zwänge bringen zwar eine gewisse Sicherheit, aber die Freiheit kommt zu kurz. Diese. Welche Freiheit braucht der Mensch der Mensch um sich frei zu fühlen? Das zu machen, was er will. Wonach er gerade Lust hat. Habe soeben bezahlt. Ich glaube, der Ausländer will schon weg. Er wackelt nervös auf der Bank herum. Wahrscheinlich ist er froh, wenn er den Angeheiterten los ist. Sie gehen. Ich auch, gleich. Peter Cornelius, sind gerade: „Du entschuldige i kenn di“. Sowas wäre zum Beispiel schön. Wenn jemand kommt, und das jetzt sagt. Eine, der Damen packt sich gerade ein Stück Torte in ein Plastiksackerl.

Wie gesagt, das war es, was ich das erste Mal, was ich so fühle und denke, spontan aufgeschrieben habe. Ich habe mir vorgenommen, das jetzt öfter zu tun. Vielleicht komme ich dann, etwas besser zu Recht mit mir und meiner Umwelt. Es ist bereits 01:13 Uhr. Der Songcontest ist längst aus. Die Irin, von der ich anfangs geschrieben habe, hat übrigends gewonnen. Österreich ist Achter geworden. Nundenn, das wars für heute. Das Kind schläft, der Mann liegt schon im Bett, und auch unser lieber Samy, der Kater schlummert auch schon vor sich hin. Nur noch die letzten Aufgaben für heute – Abrechnen – Zähneputzen – Abschminken – Schlafen. Gute Nacht.´

03.08.1996

Heute habe ich mir einen neuen Walkman gekauft. Der Alte hat mehr oder weniger den Geist aufgegeben. Bei meinem Musikverschleiß ist so ein Gerät lebenswichtig. Außerdem kann ich dann im Urlaub Kassetten hören. Auch jetzt um 00:35 Uhr habe ich die Stöpseln in den Ohren. Vorhin habe ich in dem Kasterl neben der Couch ausgemistet und zwei Zettel mit guten Sprüchen gefunden. Diese wollte ich hier fest halten:

Nur in einem Land, wo die geistige Sonne tief steht, werfen Zwerge große Schatten. (Zitat: Karl Kraus)

Mit dem Glauben kommen wir zu Gott. Ohne Glauben kommen wir weiter.

Na gut, das wollte ich nur geschrieben haben. Vielleicht kommt man mit solchen Lebensweisheiten weiter.

Arbeitstitel:

I didn´t wake up this morning oder 5 Freunde für Bluesanne

Egal, welchen Titel mein pränatales literarisches Werk auch tragen möge. Ich weiß nur Eines, ich muss es schreiben. Besser gesagt ich arbeite daran eigentlich permanent. Dinge fertig zu bringen, bedürfen Entschlossenheit, Disziplin, einen Plan und den richtigen Zeitpunkt. Möge dies der richtige sein, um hier die weisen Alltagsworte zu veröffentlichen.

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